Änderung der Rückgabepolitik ohne Beeinträchtigung der Kundenzufriedenheit

26 Dez 2022
LOGISTIKFORSCHUNG

Retouren im E-Commerce gehören mittlerweile zur Tagesordnung. Der rasante Wachstum der Online-Verkäufe hat zu einem Anstieg der Retouren bei den Unternehmen geführt. Da die Kunden die Produkte vor dem Kauf weder sehen noch anfassen können, zeichnet sich ein wachsender Trend ab - die absichtlichen Retouren. Kunden kaufen mehr Artikel, als sie benötigen, um die verschiedenen Optionen zu vergleichen und die Artikel, die ihnen nicht gefallen, systematisch zurückzusenden.

Bei Änderungen der Rückgabepolitik muss die Kundenzufriedenheit beachtet werden

Aufgrund des unaufhaltsamen Anstiegs der Retouren haben viele Unternehmen wegen der hohen Kosten und der Komplexität der Rückwärtslogistik ihre Rückgabepolitik überdacht. Einige Einzelhändler haben deshalb begonnen, eine Gebühr für Retouren zu erheben. Eine kürzlich im Journal of Business Research veröffentlichte Studie des Ivy College of Business (US) zeigt jedoch, dass jede Änderung der Rückgabepolitik, die Einzelhändler vornehmen, sich als zweischneidiges Schwert erweisen kann.

„Wenn ein Einzelhändler seine Rückgabepolitik ändert - z. B. durch die Begrenzung der Frist - kann dies von seinen Kunden als moralischer Vertragsbruch empfunden werden“, sagt Robert Overstreet, Hauptautor der Studie und Professor für Supply Chain Management am Ivy College of Business der Iowa State University.

Unternehmen müssen ihre Rückgabepolitik sorgfältig planen, um die Kundenzufriedenheit zu erhalten

In der Studie Stemming the tide of increasing retail returns: Implications of targeted returns policies wurden 500 Teilnehmer mit Erfahrungen im Online-Shopping verschiedenen Experimenten unterzogen, um ihre Reaktion auf Änderungen in der Rückgabepolitik zu analysieren. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen ihre Rückgabepolitik sorgfältig planen müssen, wenn sie ihre Kunden zufrieden stellen und negative Schlagzeilen vermeiden wollen.

Vorsicht vor umfassenden Änderungen der Rückgabepolitik

Da viele Verbraucher bei der Rückgabe auf einen individuellen Vorteil bedacht sind, könnten einige Kunden zwar eine Änderung der Rückgabepolitik als angemessen betrachten, andere wiederum könnten diese Aktion als ein gebrochenes Versprechen interpretieren.

Unternehmen, die ihre Rückgabepolitik ändern müssen, sollten nicht das Verhalten mancher Kunden pauschalisieren. „Eine umfassende Änderung der Rückgabepolitik kann als moralischer Vertragsbruch interpretiert werden, da alle Kunden von den Handlungen einiger Käufer betroffen sind, die gegen die Bedingungen verstoßen haben“, stellt Overstreet fest. „Unsere Untersuchungen zeigen, dass Kunden die umfassenden Änderungen in der Rückgabepolitik als unfair empfinden und ihre Meinung zu solchen Änderungen überwiegend negativ ist“, fügt er hinzu.

Statt pauschale Änderungen für alle Verbraucher vorzunehmen, lassen die Ergebnisse erkennen, dass es eine bessere Strategie gibt: Einzelhändler sollten spezifische Rückgaberichtlinien einführen, um den Anteil der Retouren in ihren Lieferketten zu reduzieren. Warum? Laut Experten ist bei einer Rückgabepolitik, die nur Käufer betrifft, die sich nicht an die Richtlinien halten, die Wahrscheinlichkeit geringer, dass andere Kunden Negativschlagzeilen über das Unternehmen verbreiten.

Der Hinweis auf Änderungen in der Rückgabepolitik erhöht die Kundenzufriedenheit
 

Um mehr Aufschluss über die emotionale Reaktion der Käufer zu erhalten, baten die Forscher die Teilnehmer, ihre Eindrücke zu allgemeinen und spezifischen Änderungen der Rückgabepolitik zu äußern. Die Ergebnisse bestätigen, dass die Kunden nicht für das Fehlverhalten anderer bezahlen wollen. „Bei einer generalisierten Rückgabepolitik äußerten sich 64 % der Teilnehmer negativ, und nur 2 % reagierten positiv. Eine spezifische Änderung der Rückgabepolitik wurde andererseits von 44 % der Befragten positiv aufgenommen, während sich nur 13 % negativ äußerten.

Kundenzufriedenheit und Negativschlagzeilen

Die Studienergebnisse zeigen, dass es zwischen der Änderungsstrategie in der Rückgabepolitik und dem Grad der Kundenzufriedenheit einen direkten Zusammenhang gibt.

Wenn Einzelhändler eine generalisierte Änderung der Geschäftspolitik vornehmen, die alle Kunden gleichermaßen betrifft, geben 45 % der Befragten an, dass sie mit Personen aus ihrem Umfeld negativ über das Unternehmen sprechen würden. Die Unzufriedenheit der Befragten mit dem Einzelhändler kommt besonders in folgenden Aussagen zum Ausdruck: „Ich würde nicht nur mit meiner Familie und meinen Freunden über diese unverschämte Aktion sprechen. Ich würde in den sozialen Medien das Unternehmen anprangern und auf die Ungerechtigkeit des Händlers hinweisen.“

Die Erkenntnisse der Studie zeigen den Zusammenhang zwischen der Änderungsstrategie in der Rückgabepolitik und dem Grad der Kundenzufriedenheit

Bei einer spezifischen Änderung der Rückgabepolitik seitens der Unternehmen gaben 35 % der Befragten stattdessen an, dass sie die Änderung des Einzelhändlers gegenüber Familie und Freunden ansprechen würden, ohne sich jedoch ablehnend zu äußern. Die Befragten reagierten sogar positiv, mit Aussagen wie: „Ich würde meiner Familie und meinen Freunden mein Verständnis für die getroffenen Maßnahmen mitteilen, da es darum geht, sich vor denjenigen zu schützen, die die Regeln missachten“ oder „ja, ich würde den positiven Aspekt ansprechen, nicht für die Verfehlungen anderer aufkommen zu müssen. Wir freuen uns, dass unsere Ehrlichkeit belohnt wird.“

Wechsel zu einem anderen Einzelhändler

Könnten Änderungen an der Rückgabepolitik Kunden dazu bringen, einen anderen Einzelhändler zu wählen? Laut Angaben der Forscher ist die Antwort ein klares Ja, aber erst nachdem die Kunden begonnen haben, negative Kommentare gegenüber Familie und Freunden zu äußern.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kunden, die einmal begonnen haben, sich negativ über ein Unternehmen zu äußern, auch entsprechend ihrer Botschaft agieren und sich für einen anderen Einzelhändler entscheiden bzw. bei einem anderen Online-Shop einkaufen“, so die Autoren.

Auf Kundenbindung zugeschnittene Kommunikation

Eine verbesserte Kommunikation verringert das Risiko, dass Kunden den Einzelhändler wechseln. Die Studie zeigt, dass weniger Kunden die Absicht haben, negative Bewertungen zu verbreiten, wenn Unternehmen, die Änderungen ihrer Rückgabepolitik anschaulich vermitteln.

„Bei der Ankündigung einer Änderung der Rückgaberichtlinien sollten Einzelhändler Tools wie CRM [Customer Relationship Management] für eine effektive Kommunikation über mehrere Kanäle nutzen“, raten die Forscher. „Ohne eine angemessene Kommunikation könnten die Kunden die Änderung als moralische Vertragsverletzung empfinden und dem Einzelhändler die Schuld geben.“

Mithilfe einer transparenten Kommunikation können Einzelhändler ihren Kunden die Änderungen verständlich machen und vermeiden, dass sie sich ungerecht behandelt fühlen. „Wenn ein Einzelhändler eine Änderung seiner Rückgabepolitik über mehrere Kanäle kommuniziert, ist eher davon auszugehen, dass die Kunden diese akzeptieren und ihr sowie dem Unternehmen gegenüber eine positive Einstellung haben.“

Die Entscheidung, die Rückgabepolitik zu ändern, sollte nie auf die leichte Schulter genommen werden. Die Folgen einer Änderung haben direkte Auswirkungen auf die Kundenzufriedenheit. Unternehmen müssen die Vor- und Nachteile ihrer Retourenstrategie abwägen. Wenn Unternehmen Änderungen ihrer Rückgabepolitik im Voraus kommunizieren und ausschließlich Änderungen vornehmen, die nur Kunden betreffen, die die Regeln missachten, ist eine dauerhafte Kundenbindung wahrscheinlicher.

Einzelhändler, die eine Überarbeitung ihrer Rückgabepolitik in Betracht ziehen, sollten die Ergebnisse dieser Studie berücksichtigen, wenn sie verhindern wollen, dass die Änderungen sich negativ auswirken.

 


 

Ursprüngliche Studie: Overstreet, R. E., Morgan, T. R., Laczniak, R. N., & Daugherty, P. J. (2022). Stemming the tide of increasing retail returns: Implications of targeted returns policies. Journal of Business Research, 151, 551-562.