Autonome mobile Roboter und ihre Einsatzmöglichkeiten im Lager
In den letzten Jahren haben sich autonome mobile Roboter (engl. Autonomous Mobile Robots - AMR) von futuristischen Systemen, die nur für eine Handvoll Unternehmen verfügbar waren, zu einer tragfähigen Lösung in vielen Automatisierungsprojekten im Lager entwickelt.
In dem Bericht Warehouse Automation Market von LogisticsIQ wird geschätzt, dass der weltweite Markt für autonome mobile Roboter 4 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2025 übersteigen und einen Marktanteil von fast 15 % im Bereich der Lagerautomatisierung erreichen wird. Wir zeigen Ihnen im Folgenden die häufigsten Einsatzgebiete für mobile Roboter im Lager.
Was sind autonome mobile Roboter?
Autonome mobile Roboter (AMR) sind Geräte, die in der Lage sind, selbständig Aufgaben auszuführen und sich im Lager zu bewegen, ohne dass jemand sie lenken muss.
Autonome Roboter sind mit modernsten Sensoren, künstlicher Intelligenz und den digitalen Plänen des Lagers ausgestattet, die es ihnen ermöglichen, ihre Umgebung zu interpretieren. Im Allgemeinen sind AMR für den Transport von leichten Ladeeinheiten (wie z. B. Kisten) zuständig, sie sind aber auch für Paletten erhältlich.
Auf der Lagerebene sind autonome mobile Roboter in die Steuerungssoftware (Warehouse Control System - WCS) integriert, die wiederum mit dem LVS (Lagerverwaltungssystem) verbunden ist. Mit Hilfe dieser Software verfolgen die AMR optimale Routen beim Warentransfer, indem sie Hindernisse auf ihrem Weg identifizieren und vermeiden.
Arten von mobilen Robotern: Funktionen
Die verschiedenen Arten von autonomen mobilen Robotern lassen sich hinsichtlich der Funktionen klassifizieren, die sie im Lager ausführen:
- Mobile Roboter für die Kommissionierung
Abhängig von der Art der Kommissionierung im Lager können autonome mobile Roboter bei verschiedenen Aufgabe unterstützen:
- AMR für die Kommissionierung nach dem Mann-zur-Ware-System: Der mobile Roboter übernimmt die Funktion eines Kommissionierwagens und begleitet den Bediener autonom. Der Mitarbeiter wählt dann die Produkte aus den Regalen aus und legt sie auf den Roboter. Sobald der Prozess abgeschlossen ist, übergibt der mobile Roboter die Produkte an den Konsolidierungs- und Verpackungsbereich, so dass der Bediener den Kommissionierbereich nicht verlassen muss.
- AMR für die Kommissionierung nach dem Ware-zum-Mann-System: Diese Art von autonomen Robotern ist in der Lage, das gesamte Regal, in dem sich das Produkt befindet (meist kleine oder mittlere Größe), anzuheben und zu einer Kommissionierstation zu bewegen. Auf diese Weise werden die Regale in die gewünschte Reihenfolge gebracht, so dass der Bediener die Bestellungen vorbereiten kann, ohne sich bewegen zu müssen. Sobald der Arbeiter fertig ist, bewegt der Roboter das Regal zurück, um die nächste Aufgabe zu erfüllen.
Beide Arten von autonomen Robotern können mit einem Pick-to-light-System ausgestattet sein, das dem Bediener die Auswahl des Produkts erleichtert.
- Mobile Sortierroboter
Autonome Sortierroboter verfügen über ein verstellbares Ablagefach und einen Codeleser, mit dem sie die Pakete klassifizieren und in die entsprechende Ausgabezeile stellen können. An der Kommissionierstation legt der Bediener die Pakete in den Roboter ab, der das Etikett scannt, die Informationen verarbeitet und sie in den Versandbereich überträgt.
Ein anderer Typ Sortierroboter kann in einem Zwischengeschoss eingesetzt werden. Dieser verfügt über Eingangskanäle für Waren, die von einer höheren Ebene kommen, und Ausgangsrampen zum Versandbereich. Der Bediener legt hier die Pakete auf den Roboter, der die eingehenden Produkte aufnimmt, sortiert und zum entsprechenden Ausgang bringt.
Vorteile von AMR (Autonomous Mobile Robots)
Die wesentlichen Vorteile mobiler Roboter im Lager sind:
- Flexibilität und schnelle Implementierung: Es ist nicht erforderlich, die zu fahrenden Strecken vorab festzulegen, was die Umsetzungsphase erheblich verkürzt. Der Roboter ist in der Lage, mithilfe künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen "Entscheidungen zu treffen" und sich an Änderungen anzupassen, die auf Informationen aus seiner Umgebung basieren. Er kann beispielsweise zwischen einem Regal (permanentes Hindernis) und einem Transportwagen (temporäres Hindernis) unterscheiden und entsprechend handeln.
- Genauigkeit: Fortschritte in der Navigationstechnik, der Sensorik und der Bildverarbeitung von Robotern erhöhen deren Sicherheit und Geschicklichkeit bei der Ausführung von Aufgaben.
- Konnektivität: Mobile Roboter sind in die übrigen Systeme des Lagers integriert. Dies wird durch die schrittweise Implementierung der 5G-Technologie noch verstärkt. Somit können diese Roboter ihren Betrieb verbessern und eine zusätzliche Datenquelle für die im Lager stattfindenden Logistikprozesse darstellen.
Autonome mobile Roboter vs. fahrerlose Transportfahrzeuge
Der häufigste Vergleich, wenn es um autonome mobile Roboter geht, ist der mit fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF, oder engl.: AGV für Automated Guided Vehicle), die im Lager bereits im Einsatz sind.
Der Hauptunterschied zwischen selbstgeführten Fahrzeugen und mobilen Robotern besteht darin, dass es sich beim Erstgenannten um ein automatisches System handelt und bei letzterem um ein autonomes. Während sich FTF auf einer vordefinierten Route bewegen, die sie mit Hilfe einer Laser- oder Drahtsteuerung erkennen, passen autonome Roboter ihre Route dank künstlicher Intelligenz ständig an. Auch die Tragfähigkeit ist ein wichtiger Unterschied: Autonome mobile Roboter arbeiten normalerweise mit Kisten oder leichten Paketen, wohingegen FTF eher bei Paletten zum Einsatz kommen.
Laut der Automated Guided Vehicle Market Analysis von Research and Markets betrug der Gesamtanstieg im FTF- bzw. AGV-Sektor im Jahr 2019 6,8%. Die AMR wuchsen jedoch einem Bericht der Beratungsfirma IDC zufolge um mehr als 20%.
Keines der beiden Systeme ist besser als das andere. Beide erfüllen unterschiedliche Bedürfnisse. So sind beispielsweise selbstfahrende Fahrzeuge enorm effizient, wenn es darum geht, schwere Lasten in Lagern mit konstantem Betrieb (z. B. in der Produktionslogistik) zu handhaben. Deshalb findet dieses Systems in Branchen wie der Automobil- oder Lebensmittelindustrie erstaunlich oft Einsatz, so der Europe Automated Guided Vehicle (AGV)-Marktbericht der Beratungsfirma Mordor Intelligence.
Sicherheit und Instandhaltung von autonomen mobilen Robotern
In Europa müssen autonome mobile Roboter die Standards der DIN EN 1525 (Fahrerlose Flurförderzeuge und ihre Systeme) und eine Reihe heterogener Vorschriften erfüllen, die die Sicherheit von Robotern je nach deren Komponenten und Funktionalitäten beeinflussen.
Die ISO (Internationale Organisation für Normung) versucht jedoch, all dies in der neuen ISO 3691-4 zusammenzuführen, einer globalen Sicherheitsnorm speziell für diese Technologie, die im Jahr 2020 veröffentlicht werden soll.
In Bezug auf die Wartung ist es wie bei den anderen automatischen Systemen erforderlich, diese in den Plan für die industrielle vorbeugende Instandhaltung der Anlage aufzunehmen. Daher wird in vielen Fällen der AMR-Anbieter die auftretenden Vorfälle beheben oder den Technikern des Unternehmens die hierfür erforderliche Schulung anbieten.
Kosten für autonome mobile Roboter
Die Kosten für die neuartige Technologie der autonomen mobilen Roboter sind nicht geringer als die für herkömmliche automatische Systeme. In den letzten Jahren verzeichnete die Branche der Industrierobotik nach Angaben der Firma ARK Investment Management jedoch aufgrund der technologischen Entwicklung und Skaleneffekte einen starken Preisverfall.
Es gibt es unterschiedliche Vertragsmodalitäten, da das System keine größeren Änderungen in der Lagereinrichtung erfordert. Es ist möglich, autonome Roboter als Eigentum zu erwerben oder stattdessen eine Lizenz für deren Nutzung zu bezahlen (RaaS-Modus, Robotics as a Service). Damit werden die Möglichkeiten für Unternehmen erweitert, ein Projekt mit autonomen mobilen Robotern zu starten.
Mobile Roboter im Lager: maximale Effizienz bei leichten Produkten
Wann also sollten autonome mobile Roboter im Lager eingesetzt werden? AMR haben sich als besonders effizient beim Umgang mit kleinen und verschiedenartigen Gütern erwiesen, die zudem sehr engen Lieferzeiten unterliegen.
Mittels Kennzahlen zur Lagersteuerung wie beispielsweise die Anzahl der Kommissionieraufträge pro Stunde und Bediener oder die interne Auftragszykluszeit (berechnet durch eine Software zur PEP) kann die Produktivität berechnet werden, die pro Roboter erforderlich ist, um die Implementierung für das Unternehmen rentabel zu machen.
Der steigende Materialfluss und der Druck auf die Gewinnmargen haben autonome mobile Roboter zu einer praktikablen Lösung in der Automatisierung der Lagerlogistik gemacht. Um hierbei allerdings einen schnellen ROI zu erzielen zu können, müssen die bestehenden Prozesse und die Implementierungsfähigkeit in neue Systeme im Detail analysiert werden.